Der Bundesgerichtshof

Verkündungstermin am 11. Februar 2021, 8.30 Uhr in Sachen I ZR 241/19 (Pflicht von Internethändlern, über Herstellergarantien zu informieren) (Verhandlung: 26.11.2020)

Datum: 11.02.2021
Akkreditierungsschluss: 10.02.2021 10:00 Uhr
Kameraöffentlichkeit: Ja

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Frage zu entscheiden, in welchem Umfang Internethändler Verbraucher über Herstellergarantien für die angebotenen Produkte informieren müssen.

Sachverhalt:

Die Parteien vertreiben Taschenmesser im Wege des Internethandels. Die Beklagte bot auf der Internetplattform Amazon ein Schweizer Offiziersmesser an, wobei die Angebotsseite unter der Zwischenüberschrift "Weitere technische Informationen" einen Link mit der Bezeichnung "Betriebsanleitung" enthielt. Nach dem Anklicken dieses Links öffnete sich ein Produktinformationsblatt, das einen Hinweis auf eine Garantie des Herstellers enthielt. Danach erstrecke sich die Garantie zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik zwei Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiß oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstünden, seien durch die Garantie nicht gedeckt. Weitere Informationen zu der Garantie enthielt das Produktinformationsblatt nicht.

Die Klägerin begehrt, der Beklagten zu verbieten, den Absatz von Taschenmessern an Verbraucher mit Hinweisen auf Garantien zu bewerben, ohne hierbei auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf hinzuweisen, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, und ohne den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes anzugeben.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es hat offengelassen, ob die Beklagte als Täterin oder Gehilfin wegen eines Verstoßes gegen § 479 Abs. 1 BGB hafte. Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe jedenfalls nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB. Die Informationspflicht des Verkäufers nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB greife jedenfalls dann ein, wenn das Warenangebot einen Hinweis auf das Bestehen einer Garantie enthalte. Der Inhalt dieser Informationspflicht sei unter Rückgriff auf § 479 Abs. 1 BGB zu bestimmen. Daher sei auch im Rahmen der Informationspflicht nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers hinzuweisen und darüber zu informieren, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, sowie der räumliche Geltungsbereich des Garantieschutzes anzugeben.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Vorinstanzen:

LG Bochum - Urteil vom 21. November 2018 - I-13 O 110/18
OLG Hamm - Urteil vom 26. November 2019 - I-4 U 22/19

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 3 Abs. 1 UWG

Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

§ 3a UWG

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG

Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

§ 312d Abs. 1 Satz 1 BGB

Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Artikels 246a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu informieren.

§ 479 Abs. 1 BGB

Eine Garantieerklärung (§ 443) muss einfach und verständlich abgefasst sein. Sie muss enthalten:
1. den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, und
2. den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers.

Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB

Der Unternehmer ist nach § 312d Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet, dem Verbraucher folgende Informationen zur Verfügung zu stellen: […]
9. gegebenenfalls das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und Garantien, […]

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