Der Bundesgerichtshof

Erster Verhandlungstermin in den sogenannten VW-Verfahren (VI ZR 252/19) am 5. Mai 2020, 9.30 Uhr

Ausgabejahr 2019
Erscheinungsdatum 07.04.2020

Nr. 166/2019

Akkreditierung für Medienvertreter siehe Pressemitteilung 58/2020

Der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat hat über Schadensersatzansprüche eines Fahrzeugkäufers gegen den Hersteller des Fahrzeugs zu entscheiden, die mit der Begründung geltend gemacht werden, das Fahrzeug habe eine unzulässige Abschalteinrichtung aufgewiesen.

Sachverhalt:

Der Kläger erwarb am 10. Januar 2014 zu einem Preis von 31.490,- € brutto von einem Autohändler einen Gebrauchtwagen VW Sharan 2.0 TDl match, der mit einem 2,0-Liter Dieselmotor des Typs EA 189, Schadstoffnorm Euro 5 ausgestattet ist. Die Beklagte ist die Herstellerin des Wagens. Der Kilometerstand bei Erwerb betrug 20.000 km. Für den Fahrzeugtyp wurde die Typengenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt.

Die im Zusammenhang mit dem Motor verwendete Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid (NOx)-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungs-modus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxid-Ausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typengenehmigung der Emissionsklasse Euro 5 maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand.

Im September 2015 räumte die Beklagte öffentlich die Verwendung einer entsprechenden Software ein. Unter dem 15. Oktober 2015 erging gegen sie ein bestandskräftiger Bescheid des Kraftfahrtbundesamts (KBA) mit nachträglichen Nebenbestimmungen zur Typengenehmigung, der auch das Fahrzeug des Klägers betrifft. Das KBA ging vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung aus und gab der Beklagten auf, diese zu beseitigen und die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte anderweitig zu gewährleisten. Die Beklagte gab mit Pressemitteilung vom 25. November 2015 bekannt, Software-Updates durchzuführen, mit denen diese Software aus allen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA 189 mit 2,0-Liter-Hubraum entfernt werden sollte. Nach der Installation sollen die betroffenen Fahrzeuge nur noch in einem adaptierten Modus 1 betrieben werden. Der Kläger hat das Software-Update im Februar 2017 durchführen lassen.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger im Wesentlichen die Zahlung des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises in Höhe von 31.490 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht, dessen Urteil unter anderem in der NJW 2019, 2237 ff. veröffentlicht ist, unter Zulassung der Revision die Entscheidung des Landgerichts abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 25.616,10 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs zu zahlen. Wegen des weitergehenden Zahlungsanspruchs hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu. Nach Anrechnung der vom Kläger gezogenen Nutzungen (Vorteilsausgleich) ergebe sich der ausgeurteilte Anspruch. Dagegen haben beide Parteien Revision eingelegt.

Der Senat wird zeitnah weitere, auch Diesel-Kraftfahrzeuge anderer Hersteller betreffende, Revisionsverfahren terminieren.

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

§ 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB):

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Vorinstanzen:

Landgericht Bad Kreuznach – Urteil vom 5. Oktober 2018 – 2 O 250/17

Oberlandesgericht Koblenz – Urteil vom 12. Juni 2019 – 5 U 1318/18

Karlsruhe, den 19. Dezember 2019

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