Der Bundesgerichtshof

Verhandlungstermin in Sachen I ZR 126/18 (Zulässigkeit der vom Deutschen Wetterdienst angebotenen DWD Warnwetter-App) am 18. Juli 2019, 10.00 Uhr

Ausgabejahr 2019
Erscheinungsdatum 01.04.2019

Nr. 039/2019

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat darüber zu entscheiden, ob der Deutsche Wetterdienst (DWD) eine kostenlose und werbefreie App mit zahlreichen Informationen zum Wetter anbieten darf.

Sachverhalt:

Die Klägerin bietet meteorologische Dienstleistungen sowohl über das Internet als auch über eine App für mobile Endgeräte an. Die App der Klägerin ist in der Standard-Version kostenlos und werbefinanziert und in einer werbefreien Version gegen Entgelt erhältlich.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) ist der nationale meteorologische Dienst der beklagten Bundesrepublik Deutschland (§ 4 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst* [DWDG]). Seine Aufgaben sind in § 4 Abs. 1 DWDG geregelt. Zu ihnen gehört unter anderem die Herausgabe amtlicher Warnungen über Wettererscheinungen. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 DWDG muss der DWD grundsätzlich Vergütungen für seine Dienstleistungen verlangen. Einzelne seiner Dienstleistungen sind nach § 6 Abs. 2a DWDG entgeltfrei. Der DWD ist so zu führen, dass die nicht durch Einnahmen gedeckten Ausgaben so gering wie möglich zu halten sind (§ 6 Abs. 1 DWDG).

Seit Juni 2015 bietet der DWD eine App für mobile Endgeräte an. Mit dieser "DWD WarnWetter-App" können nicht nur Wetterwarnungen, sondern zahlreiche Informationen zum Wetter einschließlich detaillierter Wetterberichte abgerufen werden. Diese App ist unentgeltlich und werbefrei.

Die Klägerin hält dies für wettbewerbswidrig und hat die Beklagte auf Unterlassung der unentgeltlichen Erbringung von meteorologischen Dienstleistungen in Form der DWD Warnwetter-App in Anspruch genommen, soweit diese Dienstleistungen über amtliche Wetterwarnungen hinausgehen. Den Unterlassungsanspruch hat sie in erster Linie auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften, hilfsweise auf das öffentliche Recht gestützt. Die Beklagte hat hilfsweise Widerklage erhoben. Damit begehrt sie die Feststellung, dass sie unter im Einzelnen bezeichneten Voraussetzungen nicht verpflichtet ist, es zu unterlassen, die DWD Warnwetter-App kostenlos anzubieten oder zu verbreiten.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Regelungen in § 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 2a DWD als Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG und in dem Anbieten der DWD Warnwetter-App einen Verstoß gegen diese Vorschriften gesehen. Es hat die Beklagte deshalb zur Unterlassung verurteilt. Über die Hilfswiderklage der Beklagten hat es nicht entschieden. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die auf das Wettbewerbsrecht gestützte Klage durch Teilurteil abgewiesen. Es hat angenommen, es fehle an einem geschäftlichen Handeln des DWD gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Beklagte habe nicht mit dem Ziel gehandelt, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern. Sie werde vielmehr im Rahmen des ihr durch § 4 DWDG zugewiesenen Aufgabenbereichs tätig. Hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs sei der Rechtsstreit nach einer rechtskräftigen Entscheidung über den Streit im Übrigen an das Verwaltungsgericht zu verweisen.

Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Vorinstanzen:

LG Bonn - Urteil vom 15. November 2017 - 16 O 21/16 (MMR 2018, 189)

OLG Köln - Urteil vom 13. Juli 2018 - 6 U 180/17 (GRUR-RR 2018, 461)

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 4 Abs. 1 und 3 DWDG lauten auszugsweise:

(1) Aufgaben des Deutschen Wetterdienstes sind

1.die Erbringung meteorologischer und klimatologischer Dienstleistungen für die Allgemeinheit oder einzelne Kunden und Nutzer, insbesondere auf den Gebieten des Verkehrs, der gewerblichen Wirtschaft, der Land- und Forstwirtschaft, des Bauwesens, des Gesundheitswesens, der Wasserwirtschaft einschließlich des vorbeugenden Hochwasserschutzes, des Umwelt- und Naturschutzes und der Wissenschaft,

2.die meteorologische Sicherung der Luft- und Seefahrt, der Verkehrswege sowie wichtiger Infrastrukturen, insbesondere der Energieversorgung und der Kommunikationssysteme,

3.die Herausgabe amtlicher Warnungen über Wettererscheinungen,

a)die zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen können oder

b)die in Bezug zu drohenden Wetter- und Witterungsereignissen mit hohem Schadenspotenzial stehen,

[…]

7.die Überwachung der Atmosphäre auf radioaktive Spurenstoffe und die Vorhersage deren Verfrachtung,

8.der Betrieb der erforderlichen Mess- und Beobachtungssysteme zur Erfüllung der in den Nummern 1 bis 7 genannten Aufgaben als Teil der Geodateninfrastruktur und

9.die Bereithaltung, Archivierung, Dokumentierung und Abgabe meteorologischer und klimatologischer Geodaten und Dienstleistungen. […]

(3) Der Deutsche Wetterdienst ist der nationale meteorologische Dienst der Bundesrepublik Deutschland. Er nimmt an der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Meteorologie und Klimatologie teil und erfüllt die sich daraus ergebenden Verpflichtungen.

§ 6 DWDG lautet auszugsweise:

(1) Der Deutsche Wetterdienst ist so zu führen, daß die nicht durch Einnahmen gedeckten Ausgaben so gering wie möglich zu halten sind.

(2) Der Deutsche Wetterdienst verlangt für die Erbringung seiner Dienstleistungen eine Vergütung. Die Höhe der Vergütung wird vom Vorstand auf Basis betriebswirtschaftlicher Kalkulationsverfahren, gegebenenfalls erhöht auf Grund des wirtschaftlichen Wertes oder ermäßigt auf Grund eines besonderen öffentlichen Interesses, oder auf Grund internationaler Vereinbarungen in einer Preisliste festgesetzt. Sie enthält die Preise für Daten, Produkte und Spezialdienstleistungen.

(2a) Sofern nicht auf Grund anderer gesetzlicher Regelungen eine Pflicht zur Entrichtung von Gebühren besteht, sind folgende Dienstleistungen des Deutschen Wetterdienstes entgeltfrei: […]

2.jene an die Allgemeinheit nach § 4 Absatz 1 Nummer 3 und 7 zur öffentlichen Verbreitung, […].

§ 3a UWG lautet:

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 2 Abs.1 Nr. 1 UWG lautet:

(1) Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet

1."geschäftliche Handlung" jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke, als Dienstleistungen auch Rechte und Verpflichtungen […].

Karlsruhe, den 1. April 2019

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