Der Bundesgerichtshof

Verhandlungstermin am 11. Oktober 2018, 9.00 Uhr, in Sachen I ZR 3/16 (App "UBER Black")

Ausgabejahr 2018
Erscheinungsdatum 26.07.2018

Nr. 125/2018

Der unter anderem für Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Frage zu entscheiden, ob die Vermittlung von Dienstleistungen der Personenbeförderung über eine Smartphone-Applikation ("UBER Black") zulässig ist, wenn die Personenbeförderung durch Mietwagen mit Fahrern ausgeführt werden soll.

Sachverhalt:

Der Kläger ist Taxiunternehmer in Berlin. Die Beklagte ist ein Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden. Sie bot eine Applikation für Smartphones unter der Bezeichnung "UBER Black" an. Fahrgäste konnten damit über den Server der Beklagten in den Niederlanden einen Mietwagen bestellen. Von dort erhielt der Fahrer des freien Mietfahrzeugs, das sich zum Zeitpunkt des Auftrags am nächsten zum Fahrgast befand, den Fahrauftrag, den er zu bestätigen hatte. Zeitgleich erfolgte per E-Mail eine Benachrichtigung an das Mietwagenunternehmen, das das ausgewählte Fahrzeug betrieb. Die Fahrzeuge der Mietwagenunternehmen wurden in der Werbung der Beklagten als "UBER" bezeichnet. Die Preisgestaltung, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs und die Werbung für Rabattaktionen erfolgten durch die Beklagte. Für die Fahraufträge galten von ihr gestellte Bedingungen.

Das Land Berlin hat der Beklagten mit Bescheid vom 13. August 2014 untersagt, Beförderungen mittels "UBER Black" oder vergleichbarer Applikationen zu vermitteln, deren Funktionsweise gegen § 49 PBefG verstößt.

Bisheriger Prozessverlauf:

Der Kläger hat die Beklagte nach § 3a UWG (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG aF) wegen eines Verstoßes gegen § 49 PBefG auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Kammergericht hat die hiergegen gerichtete Berufung überwiegend zurückgewiesen. Es hat angenommen, die mit der Beklagten kooperierenden Mietwagenunternehmen und die dort arbeitenden Mietwagenfahrer hätten regelmäßig gegen § 49 Abs. 4 PBefG verstoßen. Mit Mietwagen dürften danach nur Beförderungsaufträge ausgeführt werden, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind. Die Beklagte habe für diese Verstöße als Teilnehmerin an einer fremden Haupttat einzustehen. Die Vorschrift des § 49 PBefG und ihre Anwendung auf die Beklagte seien sowohl mit Art. 12 Abs. 1 GG als auch mit Unionsrecht vereinbar.

Mit ihrer vom Kammergericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 18. Mai 2017 ein Vorabentscheidungsgesuch an den Gerichtshof der europäischen Union gerichtet zur Auslegung des Art. 58 Abs. 1 AEUV und der Art. 2 Abs. 2 Buchst. d und 16 Abs. 1 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt. Dieses Vorabentscheidungsersuchen hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 29. März 2018 zurückgenommen im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 20. Dezember 2017 in der Rechtssache C-434/15 (Elite Taxi/Uber Systems Spain).

Vorinstanzen:

LG Berlin - Urteil vom 9. Februar 2015 - 101 O 125/14

Kammergericht - Urteil vom 11. Dezember 2015 - 5 U 31/15

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 49 Abs. 4 PBefG lautet auszugsweise:

Verkehr mit Mietwagen ist die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die nur im ganzen zur Beförderung gemietet werden und mit denen der Unternehmer Fahrten ausführt, deren Zweck, Ziel und Ablauf der Mieter bestimmt und die nicht Verkehr mit Taxen nach § 47 sind. Mit Mietwagen dürfen nur Beförderungsaufträge ausgeführt werden, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind. Nach Ausführung des Beförderungsauftrags hat der Mietwagen unverzüglich zum Betriebssitz zurückzukehren, es sei denn, er hat vor der Fahrt von seinem Betriebssitz oder der Wohnung oder während der Fahrt fernmündlich einen neuen Beförderungsauftrag erhalten. […]

§ 3a UWG lautet:

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Art. 12 Abs. 1 GG lautet:

Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

Art. 58 Abs. 1 AEUV lautet:

Für den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs gelten die Bestimmungen des Titels über den Verkehr.

Art. 2 Abs. 2 Buchst. d und 16 Abs. 1 der Richtlinie 2006/123/EG lauten auszugsweise:

Art. 2 Abs. 2: Diese Richtlinie findet auf folgende Tätigkeiten keine Anwendung:

[…]

d)Verkehrsdienstleistungen einschließlich Hafendienste, die in den Anwendungsbereich von Titel V des Vertrags fallen; […].

Art. 16: Abs. 1: Die Mitgliedstaaten achten das Recht der Dienstleistungserbringer, Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen ihrer Niederlassung zu erbringen.

Der Mitgliedstaat, in dem die Dienstleistung erbracht wird, gewährleistet die freie Aufnahme und freie Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten innerhalb seines Hoheitsgebiets.

Die Mitgliedstaaten dürfen die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit in ihrem Hoheitsgebiet nicht von Anforderungen abhängig machen, die gegen folgende Grundsätze verstoßen:

a)Nicht-Diskriminierung: die Anforderung darf weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder – bei juristischen Personen – aufgrund des Mitgliedstaats, in dem sie niedergelassen sind, darstellen;

b)Erforderlichkeit: die Anforderung muss aus Gründen der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Gesundheit oder des Schutzes der Umwelt gerechtfertigt sein;

c)Verhältnismäßigkeit: die Anforderung muss zur Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet sein und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

Karlsruhe, den 26. Juli 2018

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Ergänzende Dokumente

Urteil des I. Zivilsenats vom 13.12.2018 - I ZR 3/16 -