Der Bundesgerichtshof

Landgericht muss den Untreuevorwurf gegen den Dresdener OB Roßberg neu prüfen

Ausgabejahr 2007
Erscheinungsdatum 29.08.2007

Nr. 120/2007

Landgericht muss den Untreuevorwurf gegen den

Dresdener OB Roßberg neu prüfen

Das Landgericht Dresden hat den derzeit suspendierten Dresdener Oberbürgermeister Ingolf Roßberg wegen Untreue und Beihilfe zum Bankrott zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Seinen ehemaligen engen Mitarbeiter, den Mitangeklagten S., hat es wegen Bankrotts und Bestechlichkeit schuldig gesprochen und gegen diesen Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafen ist bei beiden Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt worden.

Das Landgericht sah Folgendes als erwiesen an: Der Angeklagte S., der in eine finanzielle Notlage geraten war und gegen den das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, schaffte Teile seines Vermögens beiseite, um sie vor dem Gläubigerzugriff zu retten. Ab 2004 verschleierte er auch seine Einnahmen, die er aus einem Dienstvertrag als "Flutkoordinator" mit der Stadt Dresden bezog. Hierbei hat ihn nach den Feststellungen des Landgerichts der Angeklagte Roßberg unterstützt; er schloss mit ihm namens der Stadt Dresden im Jahr 2004 einen neuen Beratervertrag ab, wobei der Vertrag über eine dem Angeklagten S. nahe stehende "Strohfrau" abgewickelt wurde. Den Abschluss dieses Beratervertrages hat das Landgericht zugleich als Untreue des Angeklagten Roßberg gegenüber der Stadt Dresden gewertet, zumal darin die Vergütung als Flutkoordinator gegenüber einem im Vorjahr geschlossenen Vertrag deutlich erhöht wurde.

Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Staatsanwaltschaft, die sich gegen einen Teilfreispruch des Angeklagten Roßberg vom Vorwurf der Vorteilsannahme wandte, sowie die Revision des Angeklagten S. verworfen. Auf die Revision des Angeklagten Roßberg hat es das Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht Dresden zurückverwiesen.

Die Revision des Angeklagten S. hat der Bundesgerichtshof mit einer geringfügigen Korrektur des Schuldspruchs verworfen. Beim Bankrott wurde S. von dem Angeklagten Roßberg in einem Fall unterstützt, weil er durch eine entsprechende Vertragsgestaltung die Zahlung der Vergütungen aus dem Dienstvertrag über die "Strohfrau" ermöglichte. Das Urteil gegen den Angeklagten Roßberg konnte jedoch keinen Bestand haben, soweit ihn das Landgericht wegen Untreue verurteilt hat. Die dem Schuldspruch zugrunde liegende Auslegung der Dienstvereinbarungen war fehlerhaft. Das Landgericht durfte nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der geschuldete Tätigkeitsumfang für den Angeklagten S. aufgrund des neuen Dienstvertrags unter deutlich erhöhten Bezügen unverändert geblieben sei, da S. zuvor möglicherweise überobligatorisch tätig geworden war oder aus anderen Gründen eine, wie vom Landgericht angenommen, angemessene höhere Vergütung verlangen konnte. Eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Dresden wird nun insbesondere zu prüfen haben, ob möglicherweise eine Untreuehandlung des Angeklagten Roßberg darin zu sehen ist, dass er die Auszahlungen an den Gläubigern des Angeklagten S. vorbei in dem Wissen veranlasst hat, hierbei die Stadt Dresden zu schädigen. Die Stadt Dresden könnte nämlich verpflichtet sein, nochmals an den Insolvenzverwalter zu zahlen.

Da die Revision der Staatsanwaltschaft, die eine Verurteilung des Angeklagten wegen eines Amtsdelikts erstrebt hat, keinen Erfolg hatte, beschränkt sich die neue Verhandlung vor dem Landgericht Dresden allein auf die Prüfung, ob der Angeklagte Roßberg sich neben einer Beihilfe zum Bankrott zu Gunsten des Angeklagten S. noch einer Untreue zu Lasten der Stadt Dresden schuldig gemacht hat.

Urteil vom 29. August 2007 – 5 StR 103/07

LG Dresden – 5 KLs 104 Js 4751/04 – Urteil vom 4. September 2006

Karlsruhe, den 29. August 2007

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Ergänzende Dokumente

Urteil des 5. Strafsenats vom 29.8.2007 - 5 StR 103/07 -