Der Bundesgerichtshof

VIII. Zivilsenat: Ausklammerung von variablen Landegebühren bei der Bemessung der Provision von Reisebürounternehmen zulässig

Ausgabejahr 2004
Erscheinungsdatum 12.05.2004

Nr. 53/2004

Nr. 53/2004

Der unter anderem für die Rechtsstreitigkeiten über die Vertragsverhältnisse der Handelsvertreter zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, daß eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Luftfahrtunternehmens enthaltene Regelung, nach der die Provision der Reisebürounternehmen für vermittelte Flüge unter Ausschluß des auf die variablen Landegebühren entfallenden Preisanteils zu berechnen ist, ist nach § 9 AGBG (jetzt inhaltlich unverändert: § 307 BGB) nicht zu beanstanden. Bei den variablen Landegebühren handelt es sich um Entgelte, die von den Flughafenbetreibern für die Nutzung der Flughafeneinrichtungen den Fluggesellschaften in Rechnung gestellt werden. Die Gesellschaften ihrerseits berechnen den Passagieren die Gebühren über die Flugpreise.

Im konkreten Fall hatte das beklagte Luftfahrtunternehmen die bestehenden Verträge mit Reisebürounternehmen, zu denen auch die Klägerin gehörte, gekündigt und ihnen gleichzeitig den Abschluß eines neuen Agenturvertrages angeboten, unter anderem mit einer Klausel, nach der - im Gegensatz zu früheren Vereinbarungen - die variablen Landegebühren nicht mehr verprovisioniert werden sollten. Nahezu alle Agenten, darunter auch die Klägerin, nahmen dieses Angebot an. Die Klägerin machte daraufhin die Unwirksamkeit des in dem neuen Agenturvertrag vereinbarten Ausschlusses der variablen Landegebühren aus der Provisionsberechnung geltend und verlangte Zahlung der hieraus resultierenden rückständigen Provisionen. Ferner verlangte sie Feststellung einer entsprechenden Verpflichtung der Beklagten, Provisionen für die Vermittlung von Flügen auch aus den variablen Landegebühren zu zahlen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Der VIII. Zivilsenat hat das Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Bundesgerichtshof hat zunächst klargestellt, daß der Inhalt der von der Klägerin angegriffenen Klausel nach § 9 AGBG auf eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin hin überprüft werden könne. Bei der Klausel handele es sich nicht um eine bloße Preisabrede, die von einer inhaltlichen Kontrolle gemäß § 8 AGBG ausgenommen sei. Zwar habe der Ausschluß der variablen Landegebühren von der Provisionsberechnung mittelbar Auswirkungen auf die Höhe der Provision. Die Klausel betreffe jedoch die Berechnungsgrundlage bei der Bemessung der Provision eines Handelsvertreters und weiche von der gesetzlichen Regelung des § 87 b Abs. 2 HGB, wonach - unter den hier gegebenen Umständen - die Landegebühren als Nebenkosten bei der Provision zu berücksichtigen wären, zu ungunsten der Klägerin ab; sie stelle sich deshalb als typische kontrollfähige Preisnebenabrede dar.

Inhaltlich enthalte die Klausel jedoch keine entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessene Benachteiligung der betreffenden Reisebürounternehmen. Die Vorschrift des § 87 Abs. 2 HGB betreffe nicht die Abgeltung von Nebenleistungen des Handelsvertreters. Eine Verprovisionierung der Landegebühren habe zudem auf die Höhe der Provision insgesamt nur einen geringeren Einfluß. Hinzu komme, daß die Tätigkeit der Reisebürounternehmen bei einer Einziehung und Weiterleitung der variablen Landegebühren, soweit sie überhaupt zusätzlich anfalle, von Umfang und Bedeutung her untergeordnet sei und einen nennenswerten Aufwand nicht erfordere. Eine gesonderte Beratung der Kunden über die Bedeutung der Gebühren sei allenfalls in Ausnahmefällen nötig. Schließlich sei zu berücksichtigen, daß die Höhe der Provision selbst im Grundsatz frei vereinbar sei. Die Beklagte hätte das angestrebte Ergebnis wirtschaftlich auch dadurch erreichen können, daß die variable Landegebühr verprovisioniert, die Provisionshöhe hingegen weiter abgesenkt worden wäre.

Eine abschließende Entscheidung in der Sache konnte nicht erfolgen, da das Berufungsgericht offengelassen hatte, ob der geänderten Provisionsregelung der Beklagten kartellrechtliche Bedenken entgegenstehen oder sich der Anspruch der Klägerin aus Äußerungen der Beklagten im vorprozessualen Schriftverkehr ergibt. Insofern hat der Senat die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Urteil vom 12. Mai 2004 - VIII ZR 159/03

Karlsruhe, den 12. Mai 2004

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Ergänzende Dokumente

Urteil des VIII. Zivilsenats vom 12.5.2004 - VIII ZR 159/03 -