Der Bundesgerichtshof

3. Strafsenat: Urteil gegen "Kalif" Kaplan rechtskräftig

Ausgabejahr 2001
Erscheinungsdatum 25.10.2001

Nr. 73/2001

Nr. 73/2001

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Angeklagten Metin Kaplan und Hasan Basri Gökbulut durch Urteil vom 15. November 2000 wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten zu Freiheitsstrafen von vier Jahren (Kaplan) und drei Jahren (Gökbulut) verurteilt.

Nach den Feststellungen wurde der Angeklagte Metin Kaplan nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1995 zum Nachfolger und "Kalifen" des sog. Kalifatstaates bestimmt. Er betrachtete sich als das religiöse und weltliche Oberhaupt dieses "Staates", der nach dem Willen seiner Gründer zwar zunächst nur in Deutschland gebildet worden war, sich aber später auf die Türkei und die gesamte islamische Welt erstrecken sollte. In Personalunion hatte er auch den Vorsitz der Gerichts- und der Fetwa-Instanz inne. Letztere hatte auf abstrakte Fragen generelle religiöse Rechtsgutachten zu erstellen. Der Angeklagte Gökbulut, Schwager von Metin Kaplan, gehörte dem engsten Führungsstab des Kaplanverbandes an und war ebenfalls Mitglied der Fetwa-Instanz.

Bereits kurz nach dem Amtsantritt von Metin Kaplan war es zwischen ihm und dem in Berlin lebenden "Generaljugendemir" der Kaplan-Bewegung, Halil Ibrahim Sofu, zu ernsten Zerwürfnissen über die Führung des "Kalifatsstaats" gekommen. Sofu hatte sich Mitte 1996 von seinen Gefolgsleuten ebenfalls zum Kalifen ausrufen lassen und beanspruchte die Stellung des Angeklagten für sich. Dieser reagierte mit dem Erlaß einer Todesfetwa gegen seinen Widersacher, die mit der Spaltung des Verbandes und der Anmaßung eines Gegenkalifats begründet wurde. Im September 1996 spitzte sich der Streit zu. Die Angeklagten Kaplan und Gökbulut riefen in zwei aufeinander abgestimmten Reden im Rahmen einer Hochzeitsfeier in Berlin zur Tötung des abtrünnigen Gegenkalifen auf und ermahnten ihre Anhänger zum Gehorsam gegenüber dem "Kalifen". Damit wollten sie tatbereite, überzeugte Anhänger des Kaplanverbandes dazu veranlassen, das "Problem Sofu" in die eigene Hand zu nehmen und den Widersacher zu töten. Wenige Wochen später wiederholte Kaplan diese Aufforderung auf einer Ratsversammlung ("Sura") des Verbandes, an der sämtliche Gebietsverantwortlichen und Imame (Vorbeter) teilgenommen hatten. Acht Monate später, kurz bevor er eine Einladung der Dortmunder Gemeinde des Kaplan-Verbandes wahrnehmen wollte, wurde Halil Ibrahim Sofu in seiner Berliner Wohnung im Bett zwischen seiner Ehefrau und seiner jüngsten Tochter von drei bislang unbekannt gebliebenen Tätern erschossen.

Das Oberlandesgericht hat das Verhalten der Angeklagten als öffentliche Aufforderung zu Straftaten nach § 111 Abs. 2 StGB gewertet, jedoch die ihnen in der Anklage des Generalbundesanwalts weiterhin zur Last gelegte Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verneint, da sich das organisatorische Gefüge einer solchen Vereinigung innerhalb des Kaplanverbandes nicht ausreichend habe feststellen lassen. Der Angeklagte Gökbulut hatte sich dem weiteren Strafverfahren bereits während der Hauptverhandlung durch Flucht entzogen, gegen ihn erging das Urteil in Abwesenheit.

Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen der Angeklagten als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler ergeben hat und auch die erhobenen Verfahrensrügen sich als unbegründet erwiesen haben.

Beschluß vom 24. Oktober 2001 – 3 StR 265/01

Karlsruhe, den 25. Oktober 2001

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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Ergänzende Dokumente

Beschluss des 3. Strafsenats vom 24.10.2001 - 3 StR 265/01 -