Kartellsenat: WAZ-Erwerb von Anteilen an Iserlohner Zeitungsverlag erneut untersagt
Ausgabejahr 2000
Erscheinungsdatum 21.11.2000
Nr. 87/2000
Nr. 87/2000
Mit einem heute verkündeten Beschluß hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs der WAZ-Gruppe den mittelbaren Erwerb von Anteilen an dem Verlag der IKZ (Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung) untersagt.
Die WAZ-Gruppe verlegt u.a. die regionalen Tageszeitungen "Westdeutsche Allgemeine Zeitung", "Neue Rhein/Ruhr Zeitung", "Westfälische Rundschau" und "Westfalenpost". Sie ist der größte Tageszeitungsverlag in Nordrhein-Westfalen. In Iserlohn und Umgebung verfügt jedoch die WAZ-Gruppe nur über einen geringen Marktanteil. Marktführer ist dort mit einem Anteil von fast 90 % die vom IKZ-Verlag herausgegebene Tageszeitung IKZ. Die WAZ-Gruppe ist seit langem mit einem Anteil von 24,8 % an diesem Verlag beteiligt und hat mehrmals den Versuch unternommen, den mit diesem Anteil verbundenen Einfluß auf den IKZ-Verlag zu erhöhen. Diese Versuche scheiterten jeweils daran, daß sie vom Bundeskartellamt als unzulässige Zusammenschlüsse beanstandet wurden.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der 1992 und 1995 erfolgte Erwerb von zwei Anteilen von jeweils etwa 24 % am IKZ-Verlag durch den Geschäftsführer und Mitgesellschafter dieses Verlags. Der Erwerb der Anteile wurde von der WAZ-Gruppe finanziert. Nach zehn Jahren sollten die Anteile auf die WAZ-Gruppe übergehen. Ihr sollte in der Zwischenzeit ein großer Teil der Gewinne zufließen.
Das Bundeskartellamt hat angenommen, daß der Geschäftsführer des IKZ-Verlags bei diesem Erwerb nur als Treuhänder für die WAZ-Gruppe tätig geworden ist und daß es sich daher nach der entsprechenden gesetzlichen Bestimmung um einen Anteilserwerb durch die WAZ-Gruppe handelt. Mit der Begründung, daß die marktbeherrschende Stellung des IKZ-Verlags auf dem Markt für regionale Tageszeitungen dadurch weiter verstärkt werde, hat das Bundeskartellamt den Anteilserwerb untersagt.
Nachdem das Kammergericht in Berlin die von der WAZ-Gruppe, dem IKZ-Verlag und dessen Geschäftsführer eingelegte Beschwerde zurückgewiesen hatte, mußte nun der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs in letzter Instanz darüber entscheiden, ob der Erwerb im Rahmen der Fusionskontrolle zu Recht untersagt worden ist. Der BGH hat diese Frage bejaht und mit der Vorinstanz die von den Beteiligten gewählte Konstruktion nicht als Darlehensvertrag, sondern als einen Anteilserwerb durch den Geschäftsführer auf Rechnung und Risiko der WAZ-Gruppe gewertet. Im Rahmen dieses Treuhandverhältnisses habe die WAZ-Gruppe zugleich ihren wettbewerblichen Einfluß auf den IKZ-Verlag entscheidend erhöht, weil der Treuhänder ihre Interessen vertreten werde und im Rahmen des Treuhandverhältnisses auch vertreten müsse. Damit liege in dem Erwerb ein der Fusionskontrolle unterworfener Unternehmenszusammenschluß zwischen WAZ und IKZ-Verlag. Der BGH hat auch das weitere Erfordernis der Untersagung, die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung, bejaht. Denn durch den Zusammenschluß werde der noch bestehende Restwettbewerb auf dem hier relevanten regionalen Lesermarkt beseitigt und die beherrschende Stellung der IKZ auf dem entsprechenden Anzeigenmarkt verstärkt.
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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