Der Bundesgerichtshof

Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - effektivere Bekämpfung von Nachstellungen und bessere Erfassung des Cyberstalkings sowie Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen Zwangsprostitution

Strafgesetzbuches - effektivere Bekämpfung von Nachstellungen und bessere Erfassung des Cyberstalkings sowie Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen Zwangsprostitution / Gesetz zur Änderung des

vom 10.08.2021, BGBl I S. 3513 (PDF, 45KB, nicht barrierefrei)

Aus dem Gesetzentwurf:

Der Evaluierungsbericht der Bundesregierung (Evaluierungsbericht zur Neufassung des § 238 des Strafgesetzbuches durch das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen vom 1. März 2017 [BGBl I S. 386 (PDF, 31KB, nicht barrierefrei)], Bundestagsdrucksache 19/26515 (PDF, 4MB, nicht barrierefrei), im Folgenden: Evaluierungsbericht) hat gezeigt, dass die bisherige Fassung des § 238 des Strafgesetzbuches (StGB) die Strafverfolgungspraxis noch immer vor Probleme stellt (Evaluierungsbericht S. 6 ff.). So bereitet zum einen das Tatbestandsmerkmal „beharrlich“ gerade auch aufgrund der parallelen Existenz weiterer unbestimmter Tatbestandsmerkmale in § 238 StGB erhebliche Schwierigkeiten bei der Subsumtion (Evaluierungsbericht S. 6, 8, 15). Ähnliches gilt für das Merkmal „schwerwiegend“, das sich auf die potenzielle Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers bezieht (Evaluierungsbericht S. 15) und das insgesamt zu hohe Anforderungen an ein strafbares Verhalten stellt. Zum anderen werden weder der Grundtatbestand des § 238 Absatz 1 StGB aufgrund seiner niedrigen Strafandrohung noch die vorhandenen Qualifikationsvorschriften des § 238 Absatz 2 und 3 StGB aufgrund ihrer engen Anwendungsbereiche von der Praxis als hinreichende
Grundlage bewertet, um schwerer wiegende Konstellationen angemessen ahnden zu können (vergleiche Evaluierungsbericht S. 7, 8, 13, 17 f.). Daher besteht die Notwendigkeit der Änderung des § 238 StGB, um eine bessere und einfachere Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen.

Gesetzlicher Anpassungsbedarf besteht auch aufgrund des technischen Fortschritts und der damit einhergehenden Zunahme des Cyberstalkings. Über sogenannte Stalking-Apps beziehungsweise Stalkingware können Täter auch ohne vertiefte IT-Kenntnisse unbefugt auf E-Mail- oder Social-Media-Konten sowie Bewegungsdaten von Opfern zugreifen und so deren Sozialleben ausspähen. Cyberstalking erfolgt aber nicht nur durch den unbefugten Zugriff auf Daten des Opfers, sondern insbesondere auch dadurch, dass Täter unter Vortäuschung der Identität eines Opfers etwa in sozialen Medien Konten anlegen und unter dem Namen des Opfers abträgliche Erklärungen abgeben oder Abbildungen von ihm veröffentlichen. Diese besonderen Begehungsweisen von Nachstellungstaten gilt es gesetzlich besser und rechtssicherer zu erfassen.

Die Umsetzung der genannten Ziele ist auch ein Erfordernis der zur Umsetzung der Agenda 2030 dienenden Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, die unter anderem die Verpflichtungen enthält, Gesundheit und Wohlergehen zu fördern, die Geschlechtergleichheit zu verbessern und für Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen zu sorgen.

Bezug:


Referentenentwurf (PDF, 117KB, nicht barrierefrei) (15.02.2021)

Regierungsentwurf (PDF, 104KB, nicht barrierefrei) (24.03.2021)


Aus dem Angebot des Deutschen Bundestages*:

Parlamentsmaterialien beim DIP (HTML)Parlamentsmaterialien beim DIP (PDF, 596KB, nicht barrierefrei)


Öffentliche Anhörung vor dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages am 19.05.2021

Beschlussempfehlung des Ausschusses:

Titeländerung (eingebracht als: Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - effektivere Bekämpfung von Nachstellungen und bessere Erfassung des Cyberstalkings); Ausdehnung der sog. Freierstrafbarkeit auf die Begehungsform der Leichtfertigkeit (Wissen um die Zwangslage von Prostituierten); Präzisierung der Nachstellungshandlungen, Behandlung als Offizialsdelikt, Herabsetzung der erforderlichen Dauer der Nachstellungshandlungen von 9 auf 6 Monate; Strafrahmenerhöhung auf 2 Jahre betr. Gewaltschutz;
Zusätzliche Änderung § 232a und erneute Änderung § 238 Strafgesetzbuch, zusätzliche Änderung § 4 Gewaltschutzgesetz

Stellungnahmen



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