Der Bundesgerichtshof

Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung

Arzneimittelversorgung / Gesetz für mehr Sicherheit in der

vom 09.08.2019, BGBl I S. 1202 (PDF, 156KB, nicht barrierefrei)
Berichtigung vom 26.02.2020, BGBl I S. 318 (PDF, 23KB, nicht barrierefrei)

Aus dem Gesetzentwurf:

Mit dem Gesetz werden aufgrund von Vollzugserfahrungen im Bereich des Arzneimittelrechts und Vorkommnissen mit verunreinigten und gefälschten Arzneimitteln Maßnahmen für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung getroffen.

Zum einen wird in § 6 des Arzneimittelgesetzes (AMG) die bisherige Rechtsgrundlage für Verbotsverordnungen um klare strafbewehrte Verbotsnormen ergänzt und die Ermächtigungen für die Rechtsverordnung zum Schutz der Gesundheit werden erweitert und umgestaltet. Es wird zudem eine Anlage zu § 6 AMG angefügt, die die Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen und Gegenstände benennt, die durch Rechtsverordnung nach § 6 AMG reglementiert sind. Diese Aufzählung umfasst beispielsweise Frischzellen. Die gesetzlichen Konkretisierungen erfolgen im Hinblick auf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts
hinsichtlich der Anforderungen an Blankettstrafgesetze (zuletzt BVerfG, Beschluss vom 21.September 2016 – 2 BvL 1/15).

In letzter Zeit kam es zu Vorkommnissen mit gefälschten und verunreinigten Arzneimitteln. Aus diesem Grund werden im AMG und im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Änderungen vorgenommen, um zukünftig Vorkommnisse dieser Art zu vermeiden. In diesem Zusammenhang werden im AMG unter anderem die Rückrufkompetenzen der zuständigen Bundesoberbehörden in Bezug auf Arzneimittel und Wirkstoffe erweitert sowie die Koordinierungsfunktion der zuständigen Bundesoberbehörden gestärkt, um insbesondere in Fällen drohender Versorgungsmängel ein zeitnahes und länderübergreifendes Vorgehen sicherzustellen. Es wird in festgelegten Fällen ein gesetzlicher Übergang der Gewährleistungsrechte der Apotheken gegen pharmazeutische Unternehmer und Arzneimittelgroßhändler an die Krankenkassen eingeführt, wenn ein zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgegebenes Arzneimittel mangelhaft ist. Damit soll sichergestellt werden, dass auch derjenige für den Schaden einstehen muss, der ihn verursacht hat, und nicht die gesetzlichen Krankenkassen hierfür einstehen müssen.

Zudem werden im AMG Änderungen vorgenommen zur Anpassung an die Delegierte Verordnung (EU) 2016/161 der Kommission vom 2. Oktober 2015 zur Ergänzung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates durch die Festlegung genauer Bestimmungen über die Sicherheitsmerkmale auf der Verpackung von Humanarzneimitteln (ABl. L 32, 09.02.2016, S. 1 (PDF, 477KB, nicht barrierefrei))*. Diese Änderungen betreffen die Kennzeichnung von Arzneimitteln, Regelungen zur Anzeige und Überwachung der Datenspeicher sowie Regelungen zur Ahndung von Verstößen gegen die Vorgaben der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161.

Darüber hinaus werden in das AMG, das Transfusionsgesetz (TFG) und in die Transfusionsgesetz-Meldeverordnung Regelungen zur Verbesserung der Patientensicherheit und -versorgung aufgenommen. Im AMG wird die erlaubnisfreie Herstellung von Arzneimitteln zur persönlichen Anwendung bei einem Patienten durch Personen, die nicht Arzt oder Zahnarzt sind, beschränkt. Diese Einschränkung ist im Hinblick auf Vorkommnisse, die sich bei der Herstellung und Anwendung von Arzneimitteln durch Personen, die nicht Arzt oder Zahnarzt sind, ereignet haben, aus Gründen der Patientensicherheit geboten. Die erlaubnisfreie Tätigkeit mit Geweben und Gewebezubereitungen durch Personen, die keine Ärzte sind, wird ebenfalls aus Gründen der Patientensicherheit gestrichen. Für behandelnde Personen, die nicht zulassungs- oder genehmigungspflichtige Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP) individuell für ihre Patienten herstellen und anwenden, wird eine Dokumentations- und Meldepflicht hinsichtlich Verdachtsfällen von Nebenwirkungen eingeführt. Zudem wird eine Anzeigepflicht für die Anwendung von nicht zulassungs- oder genehmigungspflichtigen Arzneimitteln für neuartige Therapien gegenüber der Bundesbe-
hörde eingeführt.

Anlässlich der neuen Entwicklungen in der spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie, insbesondere der Entwicklung monoklonaler Antikörper, werden im AMG Änderungen im Hinblick auf den Direktvertrieb (§ 47) und die Direktabgabe (§ 43) von Arzneimitteln vorgenommen. In diesem Zusammenhang sind Folgeänderungen im Apothekengesetz, der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelhandelsverordnung erforderlich. Den neuen Entwicklungen in der spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie wird auch durch die Erweiterung des Deutschen Hämophilieregisters Rechnung getragen (§ 21a TFG), wodurch weitere Folgeänderungen im TFG und der Transfusionsgesetz-Meldeverordnung notwendig werden. Darüber hinaus sind Anpassungen der Preisbildung für diese Arzneimittel im SGB V erforderlich.

Ferner werden im AMG Regelungen zur Transparenz bei Interessenkonflikterklärungen sowie zur Vereinfachung des Verordnungsverfahrens für Standardzulassungen getroffen.

Die Ermächtigungsgrundlage in § 1 Absatz 4 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) wird ergänzt. Die Änderung dient der Verbesserung des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung und der Umsetzung europäischen Rechts. Für diejenigen neuen psychoaktiven Stoffe, für die auf EU-Ebene auf der Grundlage der Risikobewertung festgestellt wurde, dass sie ein hohes Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellen und die deshalb in die Definition von Drogen nach Artikel 1 Nummer 1 des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8 (PDF, 52KB, nicht barrierefrei))*, der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12 (PDF, 405KB, nicht barrierefrei))* geändert worden ist, aufgenommen wurden, besteht mit der Änderung die Möglichkeit, sie in einem vereinfachten und damit beschleunigten Verfahren in die Anlagen des BtMG aufzunehmen.

§ 19 des Grundstoffüberwachungsgesetzes wird an geändertes EU-Recht zu Drogenausgangsstoffen angepasst.

Darüber hinaus soll durch eine Ergänzung des Pflegeberufegesetzes (PflBG) ein deutlicher Anreiz geschaffen werden, mehr Pflegepersonal auszubilden. Dadurch soll die Pflege gestärkt werden.

Im Arzneimittelgesetz und im Medizinproduktegesetz werden ferner Anpassungen an die Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung vorgenommen.

Im SGB V werden die Voraussetzungen für die Erstellung einer besseren Evidenzgrundlage im Rahmen der Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) von Arzneimitteln geschaffen, die aus Gründen des öffentlichen Interesses in einem besonderen Verfahren zugelassen werden. Um eine sachgerechte Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien sicherzustellen, wird der G-BA zudem ermächtigt, Maßnahmen der Qualitätssicherung zu beschließen. Ferner werden die Organe der Selbstverwaltung verpflichtet, innerhalb von sieben Monaten die Voraussetzungen für den Einsatz elektronischer Verschreibungen zu regeln. Die Regelung zur Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln wird neu gefasst.

Darüber hinaus wird durch eine Änderung des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde der Erlass der Approbationsordnung für Zahnärzte vereinfacht.

Im Übrigen wird die Berichtspflicht über die Situation der Bevölkerung mit Gewebe und Gewebezubereitungen nach Artikel 7a des Gewebegesetzes aufgehoben.

Des Weiteren erfolgen aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gesetzliche Klarstellungen und Ergänzungen.

Bezug:



Referentenentwurf (PDF, 361KB, nicht barrierefrei) (14.11.2018)

Kabinettsentwurf (PDF, 455KB, nicht barrierefrei) (31.01.2019)


Aus dem Angebot des Deutschen Bundestages*:

Parlamentsmaterialien beim DIP (HTML)Parlamentsmaterialien beim DIP (PDF, 45KB, nicht barrierefrei)


Öffentliche Anhörung vor dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages am 10.04.2019

Stellungnahmen

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